Die E-Akte im Landratsamt und die Funktion der zentralen Digitalisierungsstelle
Wie vermeidet man Papier, wenn man sich entschieden hat, vollständige elektronische Akten zu führen? Eine gute Frage! Man kann die Leute leider nicht zwingen, ihre Anträge und Unterlagen per E-Mail oder über einen Online-Dienst zur Behörde zu schicken. Oder vielleicht doch? Bürgerfreundlich wäre das jedenfalls nicht. Bürgerfreundlich wäre es, jedem die Entscheidung selbst zu überlassen. Aber was bedeutet das in der Praxis für die Arbeit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bereits E-Akten führen?
Es bedeutet einerseits, dass viele unterschiedliche Eingangskanäle bedient und „unter einen Hut“ – nämlich den Hut der E-Akte – gebracht werden müssen: E-Mails aus verschiedenen Postfächern, elektronische Anträge aus Online-Diensten, Posteingänge aus dem Briefkasten, persönlich vorgelegte Dokumente und Nachweise.
Logischerweise bedeutet das auch, dass alle Papierdokumente eingescannt werden müssen. Und mit „alle“ sind tatsächlich alle Dokumente gemeint, die zur Akte gehören: alle neuen Posteingänge und auch alle Dokumente, die sich bereits in einer laufenden Papierakte befinden. Lediglich Akten, die bereits abgeschlossen, also erledigt sind, werden nicht mehr eingescannt. Aber wer soll das machen? Etwa der Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin? Kaum zu schaffen neben der normalen Arbeit. Wie löst man also das Problem? Durch zusätzliche Manpower!
Insgesamt arbeiten im Landratsamt derzeit zehn Personen an der Digitalisierung von Papierdokumenten: Drei in der zentralen Digitalisierungsstelle zum Scannen der Posteingänge und sieben dezentral in den Fachämtern zum Scannen von laufenden Akten. Dabei handelt es sich unter anderem um Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse sowie um Maßnahmen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten.
Die laufenden Akten werden von diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in direkter Nähe zum jeweiligen Fachamt eingescannt, sodass jederzeit Rücksprache mit den zuständigen Sachbearbeitern gehalten werden kann. Momentan finden entsprechende Einsätze im Sozial-, Jugend-, Ordnungs- sowie im Gesundheitsamt statt. Weitere Einsätze werden derzeit vorbereitet. Im Amt für Ausländer und Migration konnte dieser Prozess bereits abgeschlossen werden.
Diana Haase beim Verarbeiten des Posteingangs
Und wie sieht nun der Arbeitsalltag in einer zentralen Digitalisierungsstelle aus? Vermutlich recht langweilig, wenn man den ganzen Tag nur Post einscannt, oder? „Überhaupt nicht!“, erklärt Diana Haase, die bereits seit drei Jahren hier beschäftigt ist. „Die Post muss ja zuerst geöffnet, elektronisch gestempelt, sortiert und dann für den Scanvorgang vorbereitet werden. Nach dem Scannen muss die Qualität kontrolliert und gegebenenfalls nachgebessert werden. Wir überprüfen außerdem, ob der automatische Workflow zur Verteilung der Poststücke auch korrekt startet“, erläutert die Sachbearbeiterin.
Die Originaldokumente werden entweder einen Monat lang aufgehoben oder an die Ämter weitergegeben. Für welche Dokumente das erforderlich und erlaubt sei, müsse man natürlich im Kopf haben, so Haase weiter. Und wenn ein Poststück im falschen Amt gelandet ist, muss der Rückläufer von der zentralen Digitalisierungsstelle bearbeitet werden – sowohl digital als auch in Papierform. Manchmal gibt es Rückfragen zum Verbleib eines Poststücks oder anderen Unregelmäßigkeiten. Auch solche Fälle versuche man bestmöglich zu lösen.
„Die Originaldokumente müssen alle nach einem vorgegebenen System abgelegt und nach Ablauf der Vorhaltefrist datenschutzkonform vernichtet werden. Außerdem behalten wir die digitalen Postfächer der Ämter im Blick, damit dort nichts zu lange unbearbeitet liegen bleibt. Das gehört alles zu unseren Aufgaben. Und manchmal vertreten wir auch die Kolleginnen in der Poststelle und im Servicepunkt und verteilen die in den zentralen E-Mail-Postfächern des Landratsamtes eingegangenen Nachrichten an die Ämter. Wie könnte es uns da langweilig werden?“, bemerkt Diana Haase.
Zudem hat das Landratsamt Sömmerda mit dem Elektrostempel eine eigene Lösung auf den Weg gebracht. Der Stempel ist eigentlich ein kleiner Drucker, mit dessen Hilfe jeder Posteingang eindeutig gekennzeichnet wird: mit dem Datum des Posteingangs, einer eindeutigen Stempel-Identifikation, einer fortlaufenden Nummer sowie einem QR-Code.
„Durch den Code ist es möglich, einen ganzen Stapel Post auf einmal einzuscannen und im Anschluss die einzelnen Poststücke mittels Software wieder voneinander zu trennen. Damit sparen wir uns das Verwenden von Trennblättern zwischen den Poststücken bei der Stapelverarbeitung bzw. das Aufkleben von Barcode-Etiketten und es geht insgesamt alles viel schneller“, berichtet Theresa Werner, die ebenfalls seit drei Jahren hier beschäftigt ist.
Theresa Werner beim Stempeln der Eingangspost
Aber nun zurück zur eingehenden Frage: Darf man nun schreddern oder nicht? Die Antwort lautet: jein! Manche Originale müssen bis zum Abschluss des Verwaltungsvorgangs aufbewahrt werden. Das kann sich aus einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung ergeben oder auch, weil ein hohes Risiko für einen Gerichtsprozess besteht. Originaldokumente haben einen höheren Beweiswert als Kopien.
Beim Scannen wird im Grunde genommen nur eine digitale Kopie erzeugt, die nicht mehr dieselben Eigenschaften besitzt wie das Original. Manche Originale sind auch aus historischen Gründen wertvoll und werden deshalb an das Kreisarchiv übergeben. Es kann auch noch andere Gründe dafür geben, ein Originaldokument aufzubewahren. Ob einer dieser Gründe vorliegt, muss für jede Dokumentenart einmal geprüft und das Ergebnis dokumentiert werden. So kann jeder Bedienstete die jeweils korrekte Scanstrategie nachlesen und anwenden.
Deshalb war auch eine Menge Vorarbeit nötig, ehe das Landratsamt vor drei Jahren mit dem zentralen Scannen beginnen konnte. Regelmäßige Schulungen zum sogenannten „Ersetzenden Scannen“ und fortlaufende Anpassungen der Scanstrategie für bestimmte Dokumente sind notwendig, um die Rechtssicherheit unserer E-Akten zu gewährleisten. „Und Spaß macht die Arbeit auch!“, sagt Diana Haase und holt sich den nächsten Stapel Post zum Scannen.